Minimalismus – Mode oder Trend?
„Minimalismus bezeichnet einen Lebensstil, der sich als Alternative zur konsumorientierten Überflussgesellschaft sieht. Seine Anhänger versuchen, durch Konsumverzicht Alltagszwängen entgegenzuwirken und dadurch ein selbstbestimmteres, erfüllteres Leben zu führen.“ Wikipedia
Minimalismus, nicht in Kunst oder Architektur, sondern als Lebensstil, begegnet uns im Moment überall. Nachdem das Thema angefangen hat mich zu interessieren, frage ich mich, wie ich erst jetzt darauf stoßen konnte. Es gibt so viele Blogs, Bücher und Artikel zum Thema.
Bei mir hat es, wie bei vielen, mit dem Kampf gegen das Chaos begonnen. Ich gebe zu, eigentlich bin ich eine richtige Schlampe. Ich kämpfe gegen das Chaos seit ich denken kann. In frühen Jahren hat es mich nicht so sehr gestört, doch seit ich Kinder habe und gegen das Chaos von fünf Menschen ankämpfen muss, stört es mich sehr. Wie kann ich dauerhaft Ordnung halten ohne allzu viel meiner kostbaren Lebenszeit in Putzen und Aufräumen zu investieren? Das ist seit Jahren die große Frage in meinem Leben. Als ich dann, vor einigen Monaten, auf den Entrümpelungs-Ratgeber von Minimalismus-Ikone Marie Kondo „Magic Cleanig“ stieß, war das wie eine Offenbarung für mich. Ihre Botschaft lautet: Du musst nur einmal „richtig“ aufräumen, dann hast du es, im Großen und Ganzen, für den Rest deines Lebens geschafft. Mit „richtig“ Aufräumen ist vor allem Entrümpeln gemeint. Wegwerfen. Sich von all den überflüssigen Dingen trennen, die wir nicht brauchen, nicht lieben, nicht wahrnehmen, die uns aber belasten und unsere Energie rauben. An dem Buch gefällt mir, dass es darum geht, wieder einen Bezug zu den Dingen zu bekommen, die wir besitzen und die uns umgeben.
Wir besitzen alle so viel, dass wir keinen Bezug mehr zu den Dingen haben können. Aber all der Krempel, den wir anhäufen, belastet und raubt uns Energie.
Bei mir hat sich schon einiges geändert, wenn der Prozess auch langsam vor sich geht. Besonders mit dem Wegwerfen, von noch guten Dingen, habe ich ein Problem. Ich versuche alles, was es noch wert ist, weiter zu geben. Aber das ist zeitaufwändig.
Viele räumen auf und stellen fest, dass Sie viel weniger brauchen als gedacht. Dann wollen sie auch weniger konsumieren, damit sich nicht wieder in Windeseile alles Mögliche anhäuft. Man überlegt sich ganz genau, welche Anschaffung wirklich nötig ist. Wenn man weniger kauft, z.B. Kleidung, hat man für jedes einzelne Teil mehr Geld zur Verfügung. In Verbindung mit dem neuen Bewusstsein für die Dinge möchte man dann auch etwas Hochwertigeres kaufen, das die Umwelt und Menschen wenig belastet. Sprich: was unter fairen Bedingungen hergestellt wurde.
Wenn man viel weniger braucht, stellen einige fest, dass ihre Wohnung zu groß ist, und sie wechseln in eine kleinere, preisgünstigere Wohnung, müssen weniger Geld verdienen und haben mehr Zeit.
Auch vor der Ernährung macht der Minimalismus nicht halt. Ökologisch angebaute Produkte aus der Region sollen es sein. Lieber einfache unkomplizierte Gerichte aus hochwertigen Zutaten.
Und auch an Müll wollen die meisten Minimalisten sparen. So ist zu erklären, dass es inzwischen in vielen Städten „Unverpackt“- Läden gibt. Auch das „Selber-Machen“ ist ein großes Thema bei Minimalisten. Waschmittel, Zahncreme, Deos Putzmittel, Kosmetik, Hafermilch, Brotaufstriche und einiges mehr, kann man einfach und kostengünstig selber herstellen. Man spart Geld, Verpackungsmüll und weiß, was drin ist.
Teilen ist ein weiteres großes Thema. Nicht der Besitz, sondern der Nutzen zählt. Viele Dinge brauchen wir nur selten, zum Beispiel eine Bohrmaschine, Kornmühle, Rasenmäher… Dinge, die man sich leihen oder mit Nachbarn teilen kann. Wenn ein Auto nur selten genutzt wird, kann man einem Carsharing-Verein beitreten und in den Ferien kann man Wohnungen oder Häuser teilen.
Nun frage ich mich: die ganze Sache mit dem Minimalismus, ist das eine kurze Mode oder ein langfristiger Trend?
Ich denke und hoffe, dass es sich hierbei um einen Trend handelt. Immer mehr Menschen sehen keinen Sinn mehr darin, immer mehr Dinge anzuhäufen und zu besitzen. Sie sehen keinen Sinn mehr darin, den größten Teil ihres Lebens einer Arbeit nachzugehen, die sie nicht erfüllt, um sich Dinge leisten zu können, die sie nicht lange glücklich machen. Dinge die auf Kosten unserer Umwelt und unserer Mitmenschen produziert werden.
Die meisten Minimalisten sind jung und mit der Idee von Nutzen statt Besitzen groß geworden. Sie brauchen kein Auto als Statussymbol, Vernetzung und Kommunikation ist ihnen wichtiger.
Ich denke, dass es eine wirklich große Sehnsucht gibt, wieder mit sich selbst, den Dingen und der Welt im Kontakt zu sein. Dass das Bewusstsein zunimmt, dass zählt was wir erleben und nicht was wir besitzen. Dass wir nur unsere Zeit haben und achtsam mit ihr, unseren Mitmenschen, den Dingen und unserem Planeten umgehen müssen.
Es lebe der Minimalismus.