Die Birke und die Menschen

Hänge-Birke (Betula pendula), Moor-Birke (Betula pubescens)
Familie: Birkengewächse (Betulaceae)

Die Birke mit ihrem weißen Stamm ist wunderschön und für jedes Kind leicht zu erkennen. Eine Zeit lang träumte ich davon eine Hängebirke vor meinem Schlafzimmerfenster stehen zu haben, weil ich es so schön fand dem Geräusch zu lauschen, das der Wind in den Blättern macht.

Schon kurz nach der Eiszeit hat sich die Birke auf den Moorlandschaften im Norden angesiedelt. Sie hat eine luftgepolsterte Rinde, mit der sie eisiger Kälte trotzen kann. Als Baum des Nordens begleitet sie die indogermanischen Völker schon von Anbeginn.
So trug auch „Ötzi“, der Steinzeitmensch aus dem Ötztal, zwei Dosen aus Birkenrinde bei sich. Und auch der älteste Kaugummi der Weltgeschichte besteht aus einem 9000 Jahre alten Stück Birkenharz mit dem Zahnabdruck eines Steinzeitmenschen.

  • Die zarte weiße Innenrinde (Kambium) war Vitamin-C-reiche Nahrung (heute „Trapperspaghetti“ genannt).
  • Aus Birkenrinde, die durch ihre weiße Schicht, wasserabweisend ist und so auch schwer verwest, stellten sie Schuhe, Kleidung, Matten und Behältnisse her. Die weiße Farbe des Birkenstamms beruht auf dem Inhaltsstoff Betulin. Dieser ist auch für die wasserabweisende Wirkung und die Haltbarkeit verantwortlich. Heute nutzt man es auch medizinisch bei Hauterkrankungen.
    Mit der gerbstoffhaltigen Rinde konnten die Menschen auch die Tierhäute gerben und die Felle behandeln.
    Die Birkenrinde kann man auch als Baumpapier verwenden. So schrieben die vedischen Seher ihre Visionen auf Birkenrinde. Und bis zum Ende des zweiten Weltkrieges benutzten deutsche Soldaten Birkenrinde um Grüße in die Heimat zu schreiben.
  • Außerdem wurden aus der Rinde Fackeln gerollt, die dank des sogenannten Birkenpechs, besonders gut brannten. Das Pech wird durch Verschwelung und Trockendestillation gewonnen. Seit etwa 50.000 Jahren wurde es nachweislich als erster systematisch hergestellter Kunststoff der Menschheitsgeschichte genutzt zum dauerhaften Verbinden von Steinkeilen, Pflanzenfasern und um Holzgriffe herzustellen. Und zwar sowohl von den Neandertalern als auch durch den modernen Menschen. Die alten Gallier verwendeten das Pech als Wagenschmiere und zum Abdichten von Fässern und Booten.
  • Der zuckerhaltige Birkensaft, der während weniger Wochen im Frühling durch den Stamm in die Baumkrone fließt und sich durch Anzapfen des Stammes gewinnen lässt, diente getrunken als Stärkungsmittel oder man ließ ihn gären. Ein heute noch in Russland beliebter Rauschtrunk. Zudem soll der Wein gegen Impotenz helfen.
    Außerdem verwendet man den Birkensaft als Hausmittel zur Kur gegen Rheuma und Gicht. Auch in der Kosmetik wird der Birkensaft eingesetzt. Vor allem zur Pflege von Haar und Kopfhaut.
    So schrieb Wilhelm Busch: “Man zapfet aus der Birke sehr angenehmen Wein, man reibt sich, dass es wirke, die Glatze damit ein.” Wilhelm Busch
  • In der Heilkunde finden neben dem Birkensaft die Blätter und Blattknospen aufgrund ihrer harntreibenden Wirkung bei Rheuma, Gicht und Erkrankung der Harnwege Verwendung.
  • Das Birkenholz wird als Bauholz, Sperrholz und begehrtes Furnierholz verwendet. Außerdem wird aus Birkenholz der Zuckeraustauschstoff Xylit gewonnen. Dieser ist in Finnland sehr beliebt, da er auch das Wachstum Karies bildender Bakterien vermindert. Auch hier erfreut sich Xylit steigender Beliebtheit.
  • Durch Destillation der jungen Birkenzweige gewinnt man das so genannte Juchtenöl, mit dem schon die Menschen in der Steinzeit Ihre Felle behandelten. Außerdem stellt man aus Birkenzweige Reisigbesen her.

Man kann sich vorstellen, dass ein für die Menschen so wichtiger Baum auch in der Mythologie eine große Rolle spielt. Die Kelten sahen in ihr „Birgit“, die Lichtgebärerin, die die Tage im Februar wieder länger und lichtvoller werden lässt. Das feiern die Menschen heute noch am 2. Februar als „Maria Lichtmesse“. 
Der Baum war in früheren Zeiten der Göttin Freya geweiht, galt als Symbol der Fruchtbarkeit und Helfer in Liebesnöten. Die Birke wird deshalb auch heute noch als Maibaum gesetzt, ein Symbol für erwachendes Leben und Liebe.


In Ihrem Buch „Pflanzliche Urtinkturen“ schreiben Roger und Hildegart Kalbermatten über das Wesen die Birke: „Das Wesen der Birke ist Qualität. Unter dem Einfluss dieses Baumes empfindet die Seele Farben leuchtender, Töne klangvoller, Düfte aromatischer. Ins seinem Wirkungsbereich erscheinen Gestalten lebendiger, unsere Sinne werden befähigt, Ästhetik und Harmonie zu erschauen.
Birkenblättertinktur ist das angezeiget Mittel, wenn die Welt als matt und grau empfunden wird, wenn man von Kräften der Erstarrung und Kälte zu sehr umklammert wird. Lässt der jugendliche Schwung in den Gedanken und Gefühlen nach, geht die Freude an der körperlichen Bewegung verloren, dient die Birke als reich fließender Quell neuer Kräfte.“

Aber nicht nur für die Menschen ist die Birke ein wichtiger Baum. Sie ist für 164 speziell auf sie angepasste Insektenarten Wohnraum und Nahrungsgeberin. Zudem gibt es viele Vogelarten, wie der Birkenzeisig und das Birkhuhn, die auf die Birke angewiesen sind.

Ernte
Die Birkenblätter und Knospen werden von April bis Mai geerntet. Man trocknet Sie auf einem Leinentuch im Schatten. Man kann Sie zur Herstellung von Tee verwenden oder auch eine Tinktur aus den frischen Blättern und Knospen) herstellen.

Quellen
„Alles über Heilpflanzen“; Ursel Bühring
„Pflanzliche Urtinkturen“; R. und H. Kalbermatten
www.wikipedia.org
www.bund.net
www.baumkunde.de